Übersicht
Im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens befasst sich das Landgericht Bonn mit der Frage, ob verdeckte Videoüberwachung zulässig ist. Ferner sind verschiedene Beleidigungen ("Zicke", "crazy" und "hochgeschlafen") Gegenstand der Entscheidung.
Landgericht Bonn
17 O 20/23
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
In dem einstweiligen Verfügungsverfahren
der ...,
Verfügungsklägerin,
Verfahrensbevollmächtigter: Herr Rechtsanwalt Feser, Dellbrücker Mauspfad 319, 51069 Köln,
gegen
...,
Verfügungsbeklagten,
Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte ...,
hat die 17. Zivilkammer des Landgerichts Bonn
auf die mündliche Verhandlung vom 14.02.2023
durch die Vorsitzende Richterin am Landgericht Dr. Spenner als Einzelrichterin
für Recht erkannt:
I.) Dem Verfügungsbeklagten wird es untersagt,
1.) die Verfügungsklägerin als „Zicke“ zu bezeichnen - wie ihr gegenüber mit E-Mail vom ... – Anlage EA 1 - geschehen -;
2.) Lichtbildaufnahmen von der Verfügungsklägerin mit optisch-elektronischen Einrichtungen anzufertigen und/oder anfertigen zu lassen - wie am Vormittag des ... in der Wohnung ..., mit einer Videokamera geschehen -;
3.) in Gegenwart von Frau ... zu behaupten, die Verfügungsklägerin sei „crazy“ - wie am ... gegen ... in ... geschehen -;
4.) in Gegenwart von Frau ... zu behaupten, die Verfügungsklägerin habe sich „hochgeschlafen “ - wie am ... gegen ... in ... geschehen.
II.) Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wird dem Verfügungsbeklagten ein Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, angedroht.
III.) Im Übrigen wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.
IV.) Der Verfügungsbeklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Die Verfügungsklägerin begehrt im Wege der einstweiligen Verfügung die Unterlassung von drei Äußerungen des Verfügungsbeklagten sowie einer Videoüberwachung.
Die Verfügungsklägerin ist ... Sie leitet ... Der Verfügungsbeklagte ist Zahnarzt mit Praxis in ...
Die Parteien führten eine mehrmonatige Beziehung. Während eines gemeinsamen Urlaubs in Italien Ende Juli 2022 öffnete die Verfügungsklägerin die Balkontür des Hotelzimmers um warme Luft in das klimatisierte Zimmer zu lassen. Als sich die Verfügungsklägerin im Badezimmer befand, kommentierte der Verfügungsbeklagte das Öffnen der Balkontür mit dem Ausdruck „Zicke“, wobei weitere Einzelheiten des Vorfalls zwischen den Parteien streitig sind.
Seit April 2022 sind die Parteien Mieter einer Wohnung im 1. Obergeschoss des Hauses ... in ... Nachdem die Parteien ca. vier Monate gemeinsam dort gewohnt hatten, kam es im Oktober 2022 zum Zerwürfnis, woraufhin die Verfügungsklägerin zu ihren Eltern nach ... zog.
Am 22.12.2022 sandte die Verfügungsklägerin folgende WhatsApp-Nachricht an den Verfügungsbeklagten:
"Ich werde meine Wohnung Anfang Januar renovieren und würde gerne in der ersten Januarwoche meine Kleidung und in der zweiten Januarwoche meine Möbel holen."
Am 28.12.2022 schrieb die Verfügungsklägerin sodann per E-Mail:
„Hiermit möchte ich dich informieren, dass ich meinen Umzug für den 9.1. plane und an diesem Tag alle meine Sachen aus der Wohnung holen werde. Dies ist der einzige Tag, an dem es ... her geht und an dem ich sowohl einen Transporter als auch genug Hilfe von Dritten zum Tragen der schweren Gegenstände bekomme.“
Am 02.01.2023 gegen ... betrat die Verfügungsklägerin in Begleitung von Frau ..., einer Mitarbeiterin aus ..., die Wohnung in der ..., um dort persönliche Gegenstände abzuholen. Der Beklagte hatte einen Großteil der Möbel der Verfügungsklägerin in einem Zimmer zusammengestellt, in dem auch ihr Kleiderschrank stand. In diesem Zimmer fiel der Verfügungsklägerin beim Packen ihrer Kleidung ein rotes Licht im kleinen Schreibtisch in der Ecke des Raumes auf. Bei genauerem Hinschauen stellte es sich als Videokamera heraus, welche die Verfügungsklägerin mit der Linse gleichsam „verfolgte". Die Verfügungsklägerin inspizierte die Kamera, steckte sie dazu aus und stellte sie dann wieder zurück an ihren Platz. Der Verfügungsbeklagte hatte die Kamera in dem Zimmer platziert. Mittels dieser Kamera war er u.a. in der Lage, von seiner Praxis in ... aus, das Zimmer in Echtzeit zu überwachen. Frau ... und die Verfügungsklägerin packten nach der Entdeckung der Videokamera weiter, brachten die Kleidung in den Hausflur und dann ins Auto. Ca. 20 Minuten, nachdem die Kamera gefunden worden war, erschien der Verfügungsbeklagte, vor Ort. Die Verfügungsklägerin bat ihn darum, in Ruhe gelassen zu werden. Der Verfügungskläger ignorierte dies und blieb vor Ort. Dabei verstellte er Frau ..., die im Hausflur stand, den Weg und redete auf diese ein, sie solle ihm zuhören. Als die Verfügungsklägerin damit fortfuhr, die Sachen weiter ins Auto zu verbringen, kam es zu einer verbalen Auseinandersetzung, deren Einzelheiten zwischen den Parteien streitig sind. Der Verfügungsbeklagte äußerte u.a. in Anwesenheit der Frau ..., die Verfügungsklägerin sei „crazy". Frau ... spricht vorzugsweise in englischer Sprache.
Ferner äußerte der Verfügungsbeklagte, dass er Briefe gefunden hätte, die eine intime Beziehung zwischen der Verfügungsklägerin und zwei ehemaligen Vorgesetzten belegen würden. Dabei nannte der Verfügungsbeklagte die Namen von ... von ... und des ... Diese Details sagte er nicht nur zu der Verfügungsklägerin, sondern gezielt auch zu deren Mitarbeiterin Frau ... Da sich die Auseinandersetzung mittlerweile auf die Straße verlagert bekamen auch mehrere Passanten und Anwohner die Gesprächsinhalte mit.
Frau ... fertigte am Nachmittag des 02.01.2023 ein Gedächtnisprotokoll über den Vorfall. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage EA 2 verwiesen.
Am 02.01.2023 um 23 h 19 übermittelte der Verfügungsbeklagte eine E-Mail an die Verfügungsklägerin. Darin heißt es auszugsweise:
„Sie kennen jede meiner ach so "üblen" Schandtaten gegen dich: dass ich dich Zicke genannt habe, […] Ich habe mir auch mit der Zicke nichts vorzuwerfen - angesichts deines Verhaltens bist du mit dieser Bewertung noch ziemlich glimpflich davongekommen. […] Du hast rücksichtslos alles deiner Karriere geopfert. Und wie hast du auf Frauen geschimpft, die sich hochschlafen - und du?? Wie hast du insbesondere auf den "..." geschimpft...Schräg.... […]“
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der E-Mail wird auf die Anlage EA 1 Bezug genommen.
Der Verfügungsbeklagte versandte in der Nacht zum 03.01.2023 zudem mehrere E-Mails an Mitarbeiter der Verfügungsklägerin, die intime Details der früheren Beziehung der Beteiligten zum Gegenstand haben.
Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 03.01.2023 mahnte die Verfügungsklägerin den Verfügungsbeklagten ab und forderte ihn mit Frist bis zum 11.01.2023 auf, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Insofern wird auf die Anlage EA 4 Bezug genommen.
Daraufhin übersandte die Prozessbevollmächtigte des Verfügungsbeklagten als Anlage zu ihrem Schreiben vom 11.01.2023 den vom Verfügungsbeklagten am 08.01.2023 unterzeichneten Vertrag, in dem er sich u.a. hinsichtlich der streitgegenständlichen Punkte zur Unterlassung verpflichtet. Wegen des genauen Inhalts des Schreiben und des Vertrages wird auf die Anlage EA 6 und EA 7 verwiesen.
Die Verfügungsklägerin behauptet, der Verfügungsbeklagte habe die Kamera in dem Zimmer der Wohnung gezielt verborgen, um sie, die Verfügungsklägerin, überwachen zu können. Er habe die Absicht, ihren Ruf in ihrem Umfeld zu schädigen. Bei dem Zusammentreffen am 02.01.2023 habe er sie auf offener Straße beschimpft und beleidigt und sie u.a. als geisteskrank und gestört bezeichnet. Ebenfalls habe er lautstark, sodass es Passanten auf der Straße mitbekamen, gesagt, sie habe ihre Position als ... nicht verdient, sei als ... peinlich, würde eine Schneise der Verwüstung hinterlassen und habe sich nur hochgeschlafen. Er habe ihr zudem gedroht, er werde von ihr bis zur Zerstörung ihres Rufes nicht mehr von ihr ablassen. Sie habe große Angst vor dem Verfügungsbeklagten. Dieser stelle ihr auch an verschiedenen Orten, u.a. vor ihrem ..., nach.
Mit der am 23.01.2023 bei Gericht eingegangenen Antragsschrift beantragt die Verfügungsklägerin, dem Verfügungsbeklagten es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, zu verbieten,
1. sie als „Zicke“ zu bezeichnen - wie ihr gegenüber mit E-Mail vom ... – Anlage EA 1 - geschehen -;
2. Lichtbildaufnahmen von ihr mit optisch-elektronischen Einrichtungen anzufertigen und/oder anfertigen zu lassen und/oder diese zu speichern und/oder diese speichern zu lassen - wie am Vormittag des 2.1.2023 in der Wohnung ..., mit einer Videokamera geschehen -;
3. in Gegenwart von ... zu behaupten, die Verfügungsklägerin sei „crazy“ - wie am ... gegen ... in ... geschehen -
4. in Gegenwart von ... zu behaupten, die Verfügungsklägerin habe sich „hochgeschlafen “ - wie am ... gegen ... in ... geschehen.
Der Verfügungsbeklagte beantragt, den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.
Der Verfügungsbeklagte ist der Auffassung, es fehle sowohl an einem Verfügungsanspruch als auch an einem Verfügungsgrund.
In der Bezeichnung als „Zicke“ liege keine Persönlichkeitsrechtsverletzung. Die Äußerung anlässlich des Urlaubs Ende Juli sei von ihm mit einem Lächeln im Gesicht gefallen und habe in keiner Weise den Zweck haben sollen, die Verfügungsklägerin zu beleidigen.
Der Verfügungsbeklagte behauptet, Mitte Dezember 2022 habe man sich geeinigt, dass die Verfügungsklägerin die Wohnung nur nach vorheriger Ankündigung betreten werde. Aufgrund der E-Mail vom 28.12.2022 sei er dann davon ausgegangen, dass die Verfügungsklägerin die Wohnung erst am 09.01.2023 betreten werde. Er habe die Kamera lediglich deshalb aufgestellt, weil er die Befürchtung hatte, dass die Verfügungsklägerin unbefugten Dritten durch Übergabe der Wohnungsschlüssel die Möglichkeit gegeben hatte, die von ihm bewohnte Wohnung zu betreten. Er habe seinen Rückzugsort sichern wollen. Die Kamera sei bei Betreten des Zimmers sofort erkennbar gewesen. Er habe keine Lichtbildaufnahmen der Verfügungsklägerin oder der Zeugin ... gespeichert, die Unterhaltung zwischen der Verfügungsklägerin und ihrer Begleitung habe er nicht mithören können. Die Kamera habe keine Gespräche aufgenommen. Die Verfügungsklägerin habe ihn im Rahmen der Auseinandersetzung am 02.01.2023 als Arschloch bezeichnet. Er ist der Ansicht, dass seine Reaktion die Verfügungsklägerin „crazy“ zu nennen, keine Beleidigung darstelle. Ihm sei nicht erinnerlich, im genauen Wortlaut gegenüber der Verfügungsklägerin gesagt zu haben, sie habe sich hochgeschlafen. Hierzu behauptet der Verfügungsbeklagte, tatsächlich habe die Verfügungsklägerin Liebesbriefe in der vormals gemeinsam bewohnten Wohnung zurückgelassen aus denen sich ergebe, dass sie sowohl mit ... als auch mit ... ein intimes Verhältnis gehabt habe. Beide ... hätten die berufliche Karriere der Verfügungsklägerin nicht unerheblich gefördert. Der Verfügungsbeklagte ist der Ansicht, es sei von der Meinungsfreiheit gedeckt, wenn er hierüber sein Befremden geäußert habe. Eine Wiederholungsgefahr bestehe angesichts der von ihm am 08.01.2023 unterschriebenen Unterlassungserklärungen nicht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze der Parteien und der von ihnen überreichten eidesstattlichen Versicherungen sowie sonstigen Urkunden und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 14.02.2023 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist zulässig und im Wesentlichen begründet. Die Verfügungsklägerin hat hinsichtlich der tenorierten Unterlassung einen Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund glaubhaft gemacht.
Im einzelnen gilt Folgendes:
A) Die Verfügungsklägerin steht jeweils ein Verfügungsanspruch zu.
I.) Zum Antrag zu 1.)
Die Verfügungsklägerin kann von dem Verfügungsbeklagten analog § 1004 BGB in Verbindung mit § 823 Abs. 1 sowie §§ 823 Abs. 2 BGB; 185 StGB verlangen, nicht als „Zicke“ bezeichnet zu werden.
Unstreitig hat der Verfügungsbeklagte die Verfügungsklägerin sowohl im Urlaub Ende Juli 2022 so bezeichnet als auch diese Bezeichnung in der E-Mail vom 02.01.2023 (Anlage EA1) wiederholt.
1.) Die Bezeichnung „Zicke“ verletzt die Verfügungsklägerin in ihrer Ehre, als absolutem Recht gemäß § 823 Abs. 1 BGB. Die Äußerung erfüllt als ehrverletzende Kundgabe eigener Nichtachtung oder Missachtung den Tatbestand einer Beleidigung im Sinne von § 185 StGB. Der Eingriff ist auch rechtswidrig, da die Interessen des Verfügungsbeklagten nicht die schutzwürdigen Belange der Verfügungsklägerin überwiegen. Der Verfügungsbeklagte kann sich insofern insbesondere nicht auf das Recht zur freien Meinungsäußerung berufen. Das Recht auf freie Meinungsäußerung ist ein Grundrecht. Es hat seine Schranken in den allgemeinen Gesetzen und der persönlichen Ehre (Art. 5 Abs. 2 GG). Nach der Wechselwirkungstheorie des BVerfG ist das allgemeine Gesetz aber im Lichte der überragenden Bedeutung der ungehinderten Meinungsfreiheit auszulegen und in einer die Bedeutung des Grundrechts wahrenden Wirkung zu begrenzen. Der Eingriff in das Recht auf freie Meinungsäußerung ist nur dann und insoweit gerechtfertigt, als er zum Schutz mindestens gleichwertiger Rechtsgüter geboten ist. Bei verbalen Eingriffen in ein absolut geschütztes Recht ist zu unterscheiden zwischen Tatsachenbehauptungen und Meinungskundgaben. Eine Tatsachenbehauptung liegt vor, wenn der Inhalt der Äußerung einer objektiven Klärung zugänglich ist und als etwas Geschehenes grundsätzlich dem Beweis offen steht. Sie kann richtig oder falsch sein. Demgegenüber liegt bei Meinungskundgaben nur eine Stellungnahme zu Tatsachen oder zu einer gewissen Situation vor. Allerdings können Äußerungen zugleich Tatsachenbehauptung und Wertung sein. Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG gewährt das Recht auf freie Rede, ohne zwischen Tatsachenbehauptung und Werturteil zu unterscheiden. Jeder soll frei sagen können, was er denkt, auch wenn er keine nachprüfbaren Gründe für sein Urteil angibt oder angeben kann. Mit einer Meinungsäußerung verfolgt der Äußernde das Ziel, geistige Wirkung auf die Umwelt auszuüben, meinungsbildend und überzeugend zu wirken. Deshalb sind Werturteile, welche eine geistige Wirkung erzielen, nämlich andere überzeugen wollen, generell durch Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG geschützt. Es ist dabei unerheblich, ob die Äußerungen „wertvoll“ oder „wertlos“, „richtig“ oder „falsch“, emotional oder rational begründet ist. Allerdings gilt dies nicht grenzenlos. Wenn der Eingriff in das Recht auf freie Meinungsäußerung nur insoweit gerechtfertigt ist, als er zum Schutz mindestens gleichwertiger Rechtsgüter geboten ist, dann bedeutet dies, dass eine Güterabwägung zu erfolgen hat. Der sich Äußernde ist außerdem nur dann schutzwürdig, wenn er mit seiner Äußerung meinungsbildend und überzeugend wirken will. Ergibt sich aus der Form der Äußerung und den Umständen, dass er nur schmähen will, ist kein sachlicher Bezug zu dem vertretenden Standpunkt erkennbar, dann ist die Äußerung kein adäquates Mittel des Meinungskampfes mehr. Das ist ein Missbrauch, der von Art. 5 Abs. 1 GG nicht umfasst wird (vgl. zu Vorstehendem: OLG Karlsruhe, NJW 1989, 1360, 1361 m.w.N.). Ausgehend von diesen Grundsätzen stellt sich die Bezeichnung der Verfügungsklägerin als “Zicke” nicht als schutzwürdige Meinungsäußerung des Verfügungsbeklagten dar. Insofern kann dahinstehen, ob – wie der Verfügungsbeklagte in seiner eidesstattlichen Versicherung darlegt – die ursprüngliche Äußerung im Urlaub Ende Juli 2022 noch “mit einem Lächeln”, neckend und nicht beleidigend gemeint gewesen ist. Jedenfalls bei der Wiederholung der Äußerung in der E-Mail vom 02.01.2023 ist die Äußerung nicht mehr vom Anwendungsbereich des Art. 5 GG geschützt. Vielmehr bringt der Verfügungsbeklagte dort durch den Zusatz “angesichts deines Verhaltens bist du mit dieser Bewertung noch ziemlich glimpflich davongekommen“ deutlich zum Ausdruck, dass die Äußerung - jedenfalls jetzt - allein als Kundgabe der Missachtung gegenüber der Verfügungsbeklagten zu verstehen ist. Der Verfügungsbeklagte verwendet den Begriff “Zicke” als Schimpfwort. Die Bezeichnung ist als sexistisch und respektlos anzusehen. Der Verfügungsbeklagte bewertet mit dem Wort das Verhalten der Verfügungsklägerin negativ und abschätzig, in dem er aus seiner männlichen Perspektive heraus das Verhalten der Verfügungsklägerin mit einer abwertend gemeinten weiblichen Tiermetapher bezeichnet. Der Verfügungsbeklagte greift insofern die negative Konnotation des Begriffs auf. Bei diesem Sprachgebrauch wird das Wort verwendet, um Frauen als emotional, launisch oder anderweitig unangenehm darzustellen. Aus den vorstehenden Erwägungen, ist die Äußerung des Verfügungsbeklagten auch nicht gemäß § 193 StGB gerechtfertigt.
2.) Es besteht die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr. Insofern begründet die vorangegangene rechtswidrige Beeinträchtigung die tatsächliche Vermutung für eine Wiederholungsgefahr. An die Widerlegung dieser Wiederholungsgefahr durch den Verletzer sind hohe Anforderungen zu stellen (Palandt/Herrler, BGB, 80. Aufl. § 1004 Rz. 32 m.w.N.). Insbesondere bei Äußerungsrechten bedarf es hierzu in der Regel einer ernsthaften, hinreichend strafbewehrten Unterlassungserklärung (Palandt/Herrler, a.a.O.). Ausgehend von diesen Grundsätzen hat der Verfügungsbeklagte die Wiederholungsgefahr durch seine Unterlassungserklärung vom 08.01.2023 (Bl. 41 d.A.) nicht ausgeräumt, da diese Erklärung keine Vertragsstrafenregelung enthält. Zwar kann im Einzelfall auch eine nicht strafbewehrte Unterlassungserklärung genügen, wenn zu ihr weitere Umstände treten, die es nahelegen, dass künftig keine weitere Störung mehr zu besorgen ist (vgl. BeckOGK/Spohnheimer, BGB, § 1004 Rz. 269.4 m.w.N.). Indes hat der Verfügungsbeklagte weder solche Umstände aufgezeigt, noch sind sie ansonsten ersichtlich. Vielmehr hat das Gericht im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 14.02.2023 bei der Anhörung der Parteien u.a. den Eindruck gewonnen, dass der Verfügungsbeklagte nicht bereit ist das Scheitern der Beziehung zu akzeptieren und er sich berechtigt sieht, das Verhalten der Verfügungsklägerin aus seiner Sicht und nach seinen Maßstäben moralisch zu bewerten. In dieser Situation ist die Gefahr erneuter Ehrverletzungen nahe liegend.
II.) Zum Antrag zu 2.):
1.) Die Verfügungsklägerin kann gemäß §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB; Art. 1 Abs. 1 iVm Art. 2 Abs. 1 GG von dem Verfügungsbeklagten verlangen, dass er es unterlässt, von ihr Lichtbildaufnahmen mit optisch-elektronischen Einrichtungen anzufertigen und/oder anfertigen zu lassen. Der Verfügungsbeklagte hat in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Verfügungsklägerin eingegriffen, indem er – unstreitig - am 02.01.2023 mittels einer von ihm in der Wohnung installierten Videokamera Aufnahmen von der Verfügungsklägerin gefertigt und diese Videobilder in seine Arztpraxis übertragen hat. Dieser Eingriff war nicht gerechtfertigt. Weder hat die Verfügungsklägerin in die Aufnahmen eingewilligt noch besteht ein sonstiger Rechtfertigungsgrund. Insbesondere dienten die Aufnahmen nicht der Wahrnehmung berechtigter Interessen des Verfügungsbeklagten. Soweit der Verfügungsbeklagte sich darauf beruft, er habe davon ausgehen können, dass die Verfügungsklägerin gemäß der getroffenen Absprache erst am 09.01.2023 wieder die Wohnung betreten werde und er habe die Kamera ausschließlich zum eigenen Schutz vor unberechtigten Dritten, bzw. zum Schutz seines Rückzugsraums installiert, handelt es sich nach Überzeugung des Gericht um eine nicht glaubhafte Schutzbehauptung. Die Verfügungsklägerin war als Mitmieterin der Wohnung jederzeit berechtigt, diese – unbeobachtet vom Verfügungsbeklagten – zu betreten. Soweit der Verfügungsbeklagte behauptet, es habe zwischen den Parteien eine Einigung gegeben, dass die Verfügungsklägerin die Wohnung nur nach vorheriger Ankündigung betreten werde, ist eine solche ausdrückliche Vereinbarung nicht glaubhaft gemacht. Die Verfügungsklägerin bestreitet eine solche Vereinbarung. In der eidesstattlichen Versicherung des Verfügungsbeklagten vom 08.02.2023 ist auch nicht von einer solchen ausdrücklichen Vereinbarung die Rede. Vielmehr legt der Verfügungsbeklagten nur dar, dass er aufgrund der E-Mail vom 28.12.2022 davon ausgehen durfte, dass die Verfügungsklägerin die Wohnung vor dem 09.01.2023 nicht mehr betreten werde. Zum anderen kann man auch der E-Mail vom 28.12.2022 keine solche Vereinbarung oder einen Verzicht auf ein Recht, die Wohnung unangekündigt zu betreten, entnehmen. Aus dem Wortlaut der Formulierung der Verfügungsklägerin, dass sie ihren Umzug für den 9.1. plane und an diesem Tag alle ihre Sachen aus der Wohnung holen werde, folgt nicht, dass die Verfügungsklägerin die Wohnung vorher nicht mehr betreten wird, z.B. um sich einen Überblick zu verschaffen oder kleinere oder persönliche Gegenstände außerhalb des mit Dritten durchzuführenden Umzugs mitzunehmen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den sonstigen Umständen. Denn bereits in der WhatsApp vom 22.12.2022 hatte die Verfügungsklägerin zwischen dem Abholen der Kleidung und der Möbel differenziert. Gegen eine Übereinkunft, wie sie der Verfügungsbeklagte behauptet, spricht zudem die Tatsache, dass die Verfügungsklägerin - nach den eigenen Angaben des Verfügungsbeklagten in der eidesstattlichen Versicherung - auf seine Bitte, die Wohnung nicht in seiner Abwesenheit ohne Vorankündigung zu betreten, ihm antwortete, dass ihr Umfeld entsetzt und fassungslos sei über ihn und seine Forderungen. Das Gericht glaubt dem Verfügungsbeklagten auch nicht, dass er die Kamera zum Schutz seines Rückzugsraums, bzw. als Alarmsicherung vor dem Eindringen unbefugter Dritte installiert hat. Dagegen spricht spricht bereits die Tatsache, dass sich die Kameraüberwachung nicht auf einen “neutralen” Bereich der Wohnung, z.B. im Eingangsbereich oder auf einen Bereich mit schützenswerten Gegenständen des Beklagten bezog, sondern allein das Zimmer der Wohnung erfasste, in dem der Verfügungsbeklagte die Gegenstände der Verfügungsklägerin zusammengeräumt hatte. Bei einer Gesamwürdigung aller Umstände sowie des sonstigen Verhaltens des Verfügungsbeklagten diente die Kamera allein der Überwachung der Verfügungsklägerin, damit der Verfügungsbeklagte alarmiert durch die Bilder zur Wohnung fahren und die Verfügungsklägerin dort abpassen und zur Rede stellen konnte. Denn der Verfügungsbeklagte sucht – wie auch in der mündlichen Verhandlung vom 14.02.2023 für das Gericht erkennbar – weiterhin den Kontakt zur Verfügungsklägerin, während diese jeglichen Kontakt zu ihm ablehnt.
2.) Es besteht hinsichtlich der Anfertigung von Lichtbildaufnahmen auch eine Wiederholungsgefahr. Mangels einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ist diese nicht ausgeräumt. Insofern wird auf die obigen Ausführungen unter I.) Bezug genommen. Es steht einer Wiederholungsgefahr auch nicht entgegen, dass der Verfügungsbeklagte erklärt hat, die Kamera, mit der die Aufnahmen am 02.01. gefertigt wurden, nicht mehr zu besitzen und am 20.02.2023 aus der Wohnung auszuziehen. Denn die von der Verfügungsklägerin begehrte Unterlassung von Lichtbildaufnahmen erstreckt sich nicht allein auf die Wohnungssituation. Diese ist in dem Antrag nur exemplarisch benannt. Selbst wenn die damalige Kamera sich nicht mehr im Besitz des Verfügungsbeklagten befindet, kann er sich jederzeit gleichwertigen Ersatz beschaffen.
3.) Soweit die Verfügungsklägerin darüber hinaus auch die Unterlassung der Speicherung von Lichtbildern begehrt, war der Verfügungsantrag mangels Erstbegehung- und Wiederholungsgefahr zurückzuweisen. Denn es ist weder glaubhaft gemacht noch ansonsten ersichtlich, dass der Verfügungsbeklagte insofern bereits eine Verletzungshandlung begangen hat oder diese konkret beabsichtigt.
III.) Zum Antrag zu 3.):
Die Verfügungsklägerin kann von dem Verfügungsbeklagten analog § 1004 BGB in Verbindung mit § 823 Abs. 1 sowie §§ 823 Abs. 2 BGB; 185 StGB verlangen, dass der Verfügungsbeklagte nicht in Gegenwart von Frau ... behauptet, die Verfügungsklägerin sei „crazy“. Unstreitig hat der Verfügungsbeklagte die Verfügungsklägerin am 02.01.2023 in Gegenwart von ihrer Mitarbeiterin, Frau ..., als „ crazy“ bezeichnet. Streitig ist allein, ob er sie auch als „geisteskrank“ und „gestört“ bezeichnet hat.
1.) Entgegen der Ansicht des Verfügungsbeklagten verletzt bereits die Bezeichnung „crazy“ die Verfügungsklägerin in ihrer Ehre, als absolutem Recht gemäß § 823 Abs. 1 BGB. Die Äußerung erfüllt als ehrverletzende Kundgabe eigener Nichtachtung oder Missachtung zudem den Tatbestand einer Beleidigung im Sinne von § 185 StGB. Der Eingriff ist auch rechtswidrig, da die Interessen des Verfügungsbeklagten nicht die schutzwürdigen Belange der Verfügungsklägerin überwiegen. Der Verfügungsbeklagte kann sich insofern insbesondere nicht auf das Recht zur freien Meinungsäußerung berufen. Ausgehend von den oben unter I.) 1.) dargelegten Grundsätzen hat der Verfügungsbeklagte den Begriff vielmehr gezielt allein zur Schmähung und Diffamierung der Verfügungsklägerin verwendet. Der Verfügungsbeklagte stellte damit, die psychische Gesundheit der Verfügungsklägerin in Abrede. Der Begriff “crazy” wird im negative Sinne verwendet, um jemanden als unkontrolliert oder irrational darzustellen, was eine falsche oder stigmatisierende Vorstellung über die psychische Gesundheit der Person bewirkt. Dafür, dass der Verfügungsbeklagte genau diesen Eindruck von der Verfügungbeklagten bei der Mitarbeiterin ... hervorrufen wollte, spricht die Tatsache, dass Frau ... in ihrem Gedächtnisprotokoll davon berichtet, dass der Verfügungsbeklagte sie davon habe überzeugen wollen, dass die Verfügungsklägerin “mentally ill” sei. Damit deckt sich die eidesstattliche Versicherung der Verfügungklägerin vom 21.01.2023, wonach der Verfügungsbeklagte sie u.a. als “crazy und gestört” bezeichnet hat. Zudem steht auch die E-Mail des Verfügungsbeklagten vom 02.01.2023 (Anlage EA 1) damit in Einklang, in der er davon spricht, dass das Verhalten der Verfügungsklägerin in jeder Hinsicht die lehrbuchmäßigen Züge einer narzistischen Persönlichkeitsstörung trage. Eine solch herabsetzende Äußerung in Gegenwart einer ... der Verfügungsklägerin ist auch dann nicht gemäß § 193 StGB oder als verbaler Gegenschlag gerechtfertigt, wenn man zugunsten des Verfügungsbeklagten unterstellt, dass die Verfügungsklägerin ihn zuvor als „Arschloch“ bezeichnete.
2.) Die Wiederholungsgefahr ist aus den oben unter I. 2.) dargelegten Gründen gegeben.
IV. Zum Antrag zu 4.)
1.) Die Verfügungsklägerin kann gemäß §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB; Art. 1 Abs. 1 iVm Art. 2 Abs. 1 GG von dem Verfügungsbeklagten verlangen, dass er es unterlässt, in Gegenwart von Frau ... zu behaupten, die Verfügungsklägerin habe sich “hochgeschlafen”. Mit dieser Aussage über die Verfügungsklägerin greift der Verfügungsbeklagte in rechtswidriger Weise in deren grundrechtlich gewährleistetes und als sonstiges Recht im Sinn des § 823 Abs. 1 BGB geschütztes allgemeines Persönlichkeitsrecht ein. Die Verfügungsklägerin hat bei eines Gesamtwürdigung aller Umstände glaubhaft gemacht, dass der Verfügungsbeklagte die streitgegenständliche Äußerung im Rahmen der Auseinandersetzung am 02.01.2023 getätigt hat. Der Verfügungsbeklagte hat den von der Verfügungsklägerin in ihrer eidesstattlichen Versicherung vom 21.01.2023 glaubhaft gemachten Vorwurf nicht entkräftet. Schriftsätzlich hat der Verfügungsbeklagte sich lediglich darauf berufen, dass ihm nicht erinnerlich sei, dies in dem genauen Wortlaut gesagt zu haben. In seiner eidesstattlichen Versicherung vom 08.02.2023 hat er zwar erklärt, er habe am 02.01.2023 ausdrücklich nicht gesagt, die Verfügungsklägerin habe sich “hochgeschlafen”. Dem vermag das Gericht jedoch nicht zu folgen. Unstreitig hat der Verfügungsbeklagte bei der Auseinandersetzung zur Sprache gebracht, dass er etliche Liebesbriefe gefunden habe, die belegen würden, dass die Verfügungsklägerin mit ihren jeweiligen Vorgesetzten in ... und ..., intime Beziehungen unterhalten habe. Dass er in diesem Kontext sodann die Formulierung “hochschlafen” verwendet hat, ergibt sich auch unter Berücksichtigung des Gedächtnisprotokolls der Frau ... Zwar verwendet sie in dem von ihr in Englisch verfassten Protokoll nicht diesen deutschen Begriff. Die von ihr gewählte längere englische Formulierung, “that ... has slept around with multiple people to get her current job position”, ist aber inhaltlich deckungsgleich mit der schlagwortartigen deutschen Zusammenfassung “hochschlafen”. Die Verwendung dieses Begriffs in Bezug auf die Verfügungsklägerin ist für den Verfügungsbeklagten auch nicht fremd. Der Verfügungsbeklagte hat ihn beispielsweise auch in seiner E-Mail vom 02.01.2023 in im Zusammenhang mit der Karriere der Verfügungsklägerin verwendet (Du hast rücksichtslos alles deiner Karriere geopfert. Und wie hast du auf Frauen geschimpft, die sich hochschlafen - und du??) Mit der Äußerung spricht der Verfügungsbeklagte der Verfügungsklägerin u.a. ab, dass sie allein aufgrund ihrer Kompetenz und anderer sachlicher Kriterien ihre aktuelle berufliche Position erlangt hat. Durch diese in Gegenwart einer Mitarbeiterin der Verfügungsklägerin getätigte Äußerung hat der Verfügungsbeklagte die Verfügungsklägerin in rechtswidriger Weise in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt. Insofern kann vorliegend offen bleiben, ob die Äußerung zwingend als rein wertende Äußerung zu verstehen ist oder ob der Abwägung auch ein Verständnis der Äußerung als eine beschreibende Tatsachenbehauptung als Deutungsvariante zu Grunde zu legen ist. Ungeachtet der rechtlichen Einordnung der Äußerung überwiegen vorliegend jedenfalls die Interessen des Verfügungsbeklagten an der Äußerung nicht die schutzwürdigen Belange der Verfügungsklägerin. Insofern gilt im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung, dass bei Tatsachenbehauptungen niemandem ein objektiv gerechtfertigtes Interesse an der Verbreitung von erwiesen oder bewusst unwahren Tatsachenbehauptungen zuerkannt werden kann (vgl. OLG Brandenburg, BeckRS 2018, 9696; OLG Köln GRUR-RS, 2022, 9046; OLG Karlsruhe NJW 1989, 1360 f.). Vorliegend ist von der Unwahrheit der in der Äußerung liegenden Sachdarstellung auszugehen mit der Folge, dass die Verfügungsklägerin die Äußerung nicht zu dulden hat. Die Darlegungs- und Beweislast für die Richtigkeit einer Tatsachenbehauptung trägt nach der über § 823 Abs. 2 BGB in den zivilgerichtlichen Ehrenschutz transformierten Beweisregel des § 186 StGB dabei die Prozesspartei, die die Äußerung getätigt hat (vgl. OLG Brandenburg, BeckRS 2018, 9685 m.w.N.). Dieser Darlegungsobliegenheit genügt das Vorbringen des Verfügungsbeklagten nicht. Insofern kann dahinstehen, ob sich – wie vom Verfügungsbeklagten behauptet – aus den von ihm gefundenen Liebesbriefen Anhaltspunkte für eine intime Beziehung zwischen der Verfügungsklägerin und ehemaligen Vorgesetzten ergeben. Jedenfalls hat der Verfügungsbeklagte weder dargelegt noch glaubhaft gemacht, welchen konkreten Einfluss diese Personen und/oder der Umstand eine Liebesbeziehung auf die berufliche Karriere der Verfügungsklägerin gehabt haben sollen. ie Äußerung ist auch rechtswidrig, wenn man sie als rein wertend versteht. Sie ist insbesondere nach den oben dargelegten Grundsätzen nicht vom Recht auf Meinungsfreiheit gedeckt. Denn die Äußerung des Verfügungsbeklagten zielt nicht darauf, einen Beitrag zur Meinungsbildung gegenüber Frau ... zu leisten, sondern darauf, die Verfügungsklägerin gegenüber ihrer Mitarbeiterin zu diffamieren, ihr die fachliche Kompetenz abzusprechen und ihre Rolle als Vorgesetzte und Institutsleiterin zu untergraben. Eine solch herabsetzende, auf die berufliche Qualifikation abzielende Äußerung ist auch dann nicht gemäß § 193 StGB oder als verbaler Gegenschlag gerechtfertigt, wenn man zugunsten des Verfügungsbeklagten unterstellt, dass die Verfügungsklägerin ihn zuvor als „Arschloch“ bezeichnete.
2.) Die Wiederholungsgefahr ist aus den oben unter I. 2.) dargelegten Gründen gegeben.
B.) Der Verfügungsgrund nach §§ 935, 940 ZPO ist ebenfalls glaubhaft gemacht. Der Verfügungsgrund besteht in der (objektiv begründeten) Besorgnis, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts des Gläubigers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Zöller/Vollkommer, ZPO, 33.Auflage, § 935 Rn. 10). Der Gläubiger hat in der Regel die Besorgnis darzulegen und die dazu behaupteten Tatsachen glaubhaft zu machen (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO § 935 Rn. 11). Die streitgegenständlichen Vorfälle datieren vom 02..01.2023. Die Verfügungsklägerin hat nach erfolgloser Abmahnung des Verfügungsbeklagten unter dem 23.01.2023 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung eingereicht. Das zeitnahe gerichtliche Vorgehen zeigt, dass es ihr mit der Unterbindung der Äußerungen und Videoaufnahmen eilig war. In der Sache bestand die berechtigte Besorgnis der Verfügungsklägerin, dass ohne die zeitnahe Unterbindung der ehrverletzenden Äußerungen insbesondere ihr berufliches Ansehen erheblichen Schaden nehmen könnte. Die Befürchtung war auch im Hinblick auf die Kontaktaufnahme des Verfügungsbeklagten zu weiteren Mitarbeitern der Verfügungsklägerin gerechtfertigt. Da der Verfügungsbeklagte zudem auch im Nachgang zu dem Vorfall vom 02.01.2023 weiterhin versuchte in Kontakt zur Verfügungsklägerin zu treten, bestand auch die berechtigte Besorgnis, dass er erneut widerrechtlich Lichtbildaufnahmen von ihr fertigt.
C.) Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Das Teilunterliegen hinsichtlich des Antrags zu 2.) ist in der Sache und streitwertmäßig geringfügig. Die Androhung der Ordnungsmittel hat ihre Grundlage in § 890 Abs. 2 ZPO. Ein Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit war sowohl hinsichtlich der Hauptanträge als auch der Kostenentscheidung entbehrlich. Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus der Natur des Eilverfahrens (BGH WRP 2009, 999, 1000 Rz. 15 f; BeckOK ZPO/Mayer § 922 Rz. 9).
Streitwert: 20.000,- €
(Antrag zu 1.): 1.000,- €
Antrag zu 2.): 8.000,- €
Antrag zu 3.): 3.000,- €
Antrag zu 4.): 8000,- €)
Dr. Spenner
Verkündet am 23.02.2023
Pelster, Justizbeschäftigte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle